** Blogpostreihe des InterdisziplinÀren Projekts Soziale Lebens- und Problemlagen 2.0 **

Thema: Cybermobbing

Du bist an allem schuld!
Behandelt werden als wĂ€re man verseucht, ein Krankheitserreger. AlbtrĂ€ume und Verzweiflung. Vor eini-gen Minuten vibrierte mein Handy und in mir begann die Panik aufzukeimen. Vielleicht nur ein Freund, vielleicht nur eine Push-Benachrichtigung. Vielleicht aber auch wieder SIE. Kalter Schweiß – mein Kopf tut weh.

Beleidigungen, Bedrohungen und GerĂŒchte – in der Online-Welt ist schnell viel verbreitet, ohne richtige Möglichkeit der Kontrolle. Was andere virtuell ĂŒber einen sagen, hat inzwischen reale Konsequenzen. Cybermobbing ist ein Thema, das immer mehr in den Fokus der Schulen rĂŒckt. Betroffene berichten von starken emotionalen Belastungen, Verzweiflung und Hilflosigkeit. RĂŒckzug, Vermeiden des Internets und trotzdem kein Entfliehen vor der Schikane. In besonders schweren FĂ€llen kommt es zu AngstzustĂ€nden, Selbsthass, Leistungsabfall bis hin zu Suizidgedanken. Bearbeitete Bilder, Fake-Profile und GerĂŒchte rei-chen ĂŒber die Grenzen einer Stadt hinaus und erreichen mitunter sogar potenzielle Arbeitsgeber.

„Du bist hĂ€sslich“, „Du bist an allem schuld“, „Die ist doch wirklich psychischen gestört!“, „Definitiv ab in die Geschlossene mit dir“, „Dein Gestank fĂ€rbt ab“, „Was machst du eigentlich noch hier!“

Anders als beim traditionellen Mobbing ist das Publikum jedoch unĂŒberschaubar groß, TĂ€ter können na-hezu vollkommen anonym agieren und mĂŒssen das verursachte Leid nicht einmal mitansehen. Oftmals machen die Angriffe jedoch nicht vor dem realen Leben halt, da Opfer und TĂ€ter sich meistens im ‚Real-Life‘ kennen. Eine Distanzierung ist kaum möglich, da Betroffene nicht nur in der Schule oder im Bekann-tenkreis, sondern 24/7 Schikane, Beschimpfungen und Ausgrenzungen erfahren.

Warum ich?
Die GrĂŒnde fĂŒr Cybermobbing sind vielfĂ€ltig, von Langeweile und mangelnder Sozialkompetenz bis hin zur Machtdemonstration und Rache. Oder auch Angst: „Wenn ich mobbe, werde ich nicht gemobbt.“ Allen GrĂŒnden gemein ist, dass die Beleidigungen, der Betrug oder das Ausgrenzen ein Ventil darstellt, um Emotionen herauszulassen.
Wirklich nur Spaß? Denkst du! Schreiten Außenstehende nicht ein, gewinnen Posts und Nachrichten durch Liken und Teilen an PopularitĂ€t. Durch das tolerierende Verhalten, werden Kommentare mitunter zu SelbstlĂ€ufern. GrundsĂ€tzlich kann jeder betroffen sein, gehĂ€uft finden sich jedoch Jugendliche mit geringem Selbstwert, wenigen Freunden und mit einem freizĂŒgigen Umgang mit eigenen Informationen im Internet.

Wieso lassen sie es zu?
GrundsĂ€tzlich gilt: PrĂ€vention vor Intervention. Dazu gehört vor allem AufklĂ€rung ĂŒber die Folgen von Cybermobbing, aber auch der korrekte Umgang mit eigenen Bildern, Videos und Sicherheitseinstellun-gen. Wie schĂŒtze ich mich vor Schadsoftware und Fake-Profilen? Wie blockiere ich Menschen und wo grenze ich meine PrivatsphĂ€re ab? Diese Medienkompetenz zu vermitteln ist die Pflicht der Eltern und Lehrenden.
Durch Schulprojekte und Unterrichtseinheiten können sie das Verantwortungsbewusstsein und die Sozi-alkompetenz der SchĂŒler stĂ€rken. Durch das Agieren der Ă€lteren SchĂŒler als Vorbilder, Paten und Coaches ist die Entwicklung einer Kultur des Helfens möglich. In einem Plenum aus Lehrenden und SchĂŒlern mĂŒs-sen gemeinsame Schulregeln und Hausordnungen verfasst werden, mit denen sich beide Parteien identi-fizieren können.

Ist PrĂ€vention nicht mehr möglich, muss auf verschiedenen Ebenen eingegriffen werden. Kommt es zu einem Fall, ist ein frĂŒher Eingriff durch Beobachter und Außenstehende wichtig fĂŒr eine gĂŒnstige Progno-se. Und obwohl Cybermobbing selbst keine Straftat vor dem Gesetz darstellt, sind oft einzelne Tatbe-stĂ€nde in dem Vergehen enthalten (z.B. Beleidigung, ĂŒble Nachrede, Bedrohung, Nötigung oder Verlet-zungen des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahme). Eine strafrechtliche Verfolgung in schweren FĂ€llen ist somit möglich. Sind die TĂ€ter aus dem schulischen Umfeld, sind Mediation, GesprĂ€che mit Lehrern, Sozialarbeitern oder der Schulleitung notwendig. Einzelberatungen und „kreative Sanktio-nen“ sind Möglichkeiten zum Umgang. Weiterhin ist eine Versetzung, Suspendierung oder ein Schulver-weis denkbar.

Wieso hilft mir keiner?
Angst das Telefon zu berĂŒhren oder den Laptop zu benutzen. Welche GerĂŒchte ĂŒber mich haben heute wieder das Netz erobert? Welche gefĂ€lschten Bilder kursieren auf den Smartphones meiner MitschĂŒler? Sie glauben es besser zu wissen, aber fragen nicht nach. Die Wahrheit ist belanglos, KEINER fragt nach! Nur verbreiten können sie es, KEINER fragt nach! Ein kleiner Fehler und sie stĂŒrzen sich drauf, KEINER fragt nach!

ErzĂ€hl mir nicht, was andere ĂŒber mich gesagt haben. ErzĂ€hl mir lieber, warum sie das in deiner Anwesen-heit durften! Ach weißte was? Mob dich selbst!

(Beitrag von Alexandra-Emilia Jurk, Loreen Römer, Maike Orthen, Michelle Schiffner)