Geschrieben von am 25. Januar 2019
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
***Blogpostreihe des Interdisziplinären Projekts Soziale Lebens- und Problemlagen 2.0***
Wir müssen eine Entscheidung treffen…Ich muss eine Entscheidung treffen.Wir schauen uns in die Augen und mir wird bewusst, zum Glück bin ich nicht allein. Doch im nächsten Moment bewegt sich mein Baby. Unser ein und alles, auf dich haben wir gewartet! So lang ersehnt. Und jetzt sollen wir darüber entscheiden ob du auf die Welt kommen darfst oder nicht? Unser Leben würde sich drastisch ändern… “Sie entscheiden über das Leben ihres Kindes”, – die Worte meines Arztes spielen sich in meinen Gedanken immer wieder ab. Er hat uns nahe gelegt eine Beratung aufzusuchen. Mir wird schlecht vor lauter Hilflosigkeit und Angst vor dieser fatalen unausweichlichen Entscheidung, die ich treffen muss. Die Möglichkeit der pränatalen Diagnostik stellt schwangere Frauen oft vor eine nur schwer zutreffende Entscheidung. Diese wird auch durch die Beratung nicht erleichtert. Die meisten Frauen sind selten in der Lage, bei einem auffälligen Befund, über das Schicksal ihres ungeborenen Kindes zu entscheiden. Der Druck des sozialen Umfelds macht die Situation für Frauen und Paare noch dramatischer. Ist die, in der letzten Zeit weit verbreitete Inklusionsidee, tatsächlich so realistisch wie man es sich wünschen würde? Rund 50 000 Schwangere innerhalb Deutschlands werden mit der Pränataldiagnostik und Diagnosen ihrer ungeborenen Kinder konfrontiert. Die Entscheidung über Leben oder Tod des Kindes ist von großer Bedeutung, denn jeder Mensch ist individuell und kann nur einmal das Licht der Welt erblicken.In Deutschland ist das Beratungsgespräch eine Pflicht, bevor ein möglicher Abbruch 3 Tage später erfolgen kann. Das Gespräch soll die Frau über das Schwangerschaftskonfliktgesetz und das Recht auf Nicht wissen aufklären, Schutz und Sicherheit vermitteln sowie ihre persönlichen Rechte stärken. Weiterhin wird aufgezeigt, dass Vorsorgemaßnahmen und Untersuchungen nicht verpflichtend sind. Doch inwieweit ist die Beratung, die angeboten wird, komplett und ausführlich? Die kostenlose Beratung existiert seit den 70er Jahren. Dies stellt seit fast 50 Jahren eine positive Entwicklung in der Schwangerschaftsvorsorge dar, bedarf aber gleichzeitig einigen Verbesserungen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizinern und sozialen Berufen ist wünschenswert und dafür müssen Ideen und Handlungen, in Bezug auf Moral und Berechtigung, in der Schwangerschaftsvorsorge hinterfragt werden.In diesem Hinblick sind die leicht steigenden Zahlen der Schwangerschaftsabbrüche von 2016 bedenklich.Ich lasse das Gespräch Revue passieren. Wie soll ich es schaffen? Alle in meinem Umfeld raten mir abzutreiben. Ihre Argumentation ist immer darauf gerichtet, dass wir mit unserem Kind kein glückliches Leben führen würden. Ist das wirklich so? Wir lieben es doch jetzt schon… Niemand kann nun wissen wie lange es leben würde. Was ist, wenn unser Baby lebensfähig wäre? Was wenn es doch nur eine Fehldiagnose ist? Und was, wenn nicht? Was würde ich dem Kind, Tom und mir selbst antun… Nach dem StGB §218a Abs.1 Nr.3 ist eine straffreie Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche möglich. Unter medizinischer Indikation bleibt eine Spätabtreibung bis zur Geburt unbestraft (§218a Abs.2). Abgesehen von all diesen „Möglichkeiten“ verursacht die Pränataldiagnostik bei Schwangeren im Nachhinein mehr Stress als Hoffnung. 96% aller Kinder kommen gesund zur Welt und nur 4,5% aller Behinderungen sind angeboren. Dies macht eine Beratung unerlässlich und in diesem Zusammenhang sollte die Falsch-Positiv Rate eine Beachtung finden.Existiert das pränatale Angebot nur für den Profit?Die Unterscheidung zwischen Schwangerenvorsorge und Pränataldiagnostik ist wichtig. Leistungen der Schwangerenvorsorge werden von den Krankenkassen übernommen. Die Pränataldiagnostik wird eingesetzt, weil die Mütter eine Garantie auf ein gesundes Kind wollen, welche nicht besteht. Wer trägt im nachhinein Verantwortung für diese Enttäuschung?Pränataldiagnostik bedarf eine Art der Rekonstruierung und die Neueinführung unter anderen Umständen. Hierbei kommt die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Fokus und die ethische Frage sollte in allen Köpfen mehr Raum erhalten.Bevor dies erfolgt, versuche Dich in diese Lage hineinzuversetzen. Wie würdest Du entscheiden? Beitrag von Antonia Podßuweit, Jessica Dora Wolf und Kseniia Ziuzina