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Adventskalender 2022 – Türchen 17

Geschrieben von Tina am 17. Dezember 2022

Allgemein

Adventskalender 2022 – Türchen 17

Mein Advent (aus Sicht einer Katze)

von: Schulamith, Heilpädagogik-Studentin

Mein Mensch ist komisch. Zumindest in letzter Zeit ist mein Mensch ganz anders. Aber anscheinend ist das irgendein Menschen-Phänomen, denn jedes Jahr, wenn Dezember auf ihren Kalendern, also den Postern, auf denen sie sich etwas eintragen, steht, dann wird mein Mensch komisch. Ich weiß nicht, was ihn antreibt, plötzlich mit dem Staubwedel durch das ganze Haus zu rennen und jede Spinnenwebe von der Decke zu holen. Sonst saugt mein Mensch diese ganz entspannt irgendwann weg. Auch saugt mein Mensch dann jede Ecke gründlichst mit dem grässlich lauten Staubsauger aus. Sogar MEIN Kuschelkissen wird abgesaugt. Ich weiß echt nicht, was das soll. Nach dem Saubermach- Marathon, wo mein Mensch, dann ziemlich fertig auf dem Sofa sitzen müsste, schleppt er dann noch Kartons herbei und stellt komische Leuchtdinger auf. Diese Leuchtdinger versperren mir dann die Sicht nach draußen, obwohl doch klar ist, dass ich auf die einen Anspruch habe. Wieso ist mein Mensch bloß so rücksichtslos?

Das ist aber noch nicht alles. Kaum beginnt der Dezember schleppt mein Mensch plötzlich Tüten (und da ist noch nicht mal Katzenfutter drin) nach der Arbeit in unsere Wohnung und die Postleute klingeln auch häufiger als sonst. Ich habe schon an den Paketen geschnuppert, aber mein Futter, hat mein Mensch nicht bestellt. Nur etwas komisch Riechendes, bäh. Irgendwie denkt der im Dezember echt nicht an mich. Schließlich habe ich Kartons sehr gerne. Darin kann ich mich so gemütlich verkriechen, seitdem ich nicht mehr in den Kleiderschrank darf.

„Tschüss Elmo“, ruft mein Mensch gerade und klappert auffällig mit den Schlüsseln. Denkt mein Mensch etwa, dass ich ihn verabschiede? Dabei hat mein Mensch heute Morgen mein Futter vergessen. Also wirklich, mein Mensch muss unter ‚Dezember-Amnesie‘ leiden. Die Tür fällt hinter meinem Menschen ins Schloss und ich höre, wie er die Treppen heruntergeht. Ich räkel mich in meinem Körbchen unter der Fensterbank. Die müde Dezembersonne lässt ein paar Strahlen ins Zimmer scheinen. Wunderbar, um weiterzuschlafen, wäre da nicht mein Hungergefühl. Von den paar Trockenfutterkrümeln im Futternapf kann niemand verlangen, dass eine Katze satt wird. Vielleicht hat mein Mensch etwas essbares auf der Arbeitsplatte in der Küche stehen gelassen. Mich streckend stehe ich auf und schleiche in die Küche. Mit einem eleganten Satz springe ich auf die Küchenplatte und sehe mich um. Tatsächlich, mein Futter steht in einem kleinen Schüsselchen neben dem Kühlschrank. Das Geschirr auf der Spüle umrundend nähere ich mich meinem Futter. Mein Mensch hat mich also nicht enttäuscht. Den Deckel, der die Schüssel abdeckt, werde ich einfach entfernen können, denn so wie ich meinen Menschen kenne, verschließt er den Deckel nie richtig. Vorsichtig stupse ich mit der Pfote die Schüssel bis zum Rand der Arbeitsplatte. Noch ein kleiner Stupser und die Schüssel gleitet von der Arbeitsplatte. Mit einem Poltern landet die Schüssel auf dem Boden und der Deckel springt davon. Mein Futter ergießt sich auf dem Boden, aber das ist nicht schlimm. Ich springe herunter und lasse mir mein Frühstück schmecken.

Nach dem Frühstück gehe ich ins Wohnzimmer und springe auf die einzige freie Fläche auf dem Fensterstock. Neben den komischen Dingern, die mein Mensch ins Fenster gestellt hat, beengen seine Pflanzen zusätzlich meinen Fensterplatz. Vom Fenster aus kann ich gut die Straße und die uns gegenüberliegenden Häuser sehen. Ein Vogelfutterhaus steht auf der Wiese vor dem Haus, wo ich wohne. Die Vögel fliegen eifrig herbei und holen sich die Körner. Gut, dass ich gerade gefrühstückt habe. Ein Postauto hält vor dem Haus und ein Postbote steigt aus. Er holt ein sehr großes Paket aus dem Auto. Dieses scheint ziemlich schwer zu sein, da der Postbote einen roten Kopf bekommt, während er es zum Hauseingang bugsiert. Es wird aber nicht bei meinem Menschen geklingelt. Nachdem die Post weitergefahren ist, rolle ich mich auf dem Fensterstock zusammen und döse vor mich hin, während die Sonne meinen Pelz bescheint.

Vom Klappern des Schlüssels meines Menschen, während er die Wohnungstür aufschließt, werde ich geweckt. Ich warte extra, bis mein Mensch ins Wohnzimmer kommt und „Hallo Elmo“, sagt. Maunzend springe ich hoch. ‚Hallo, Mensch‘, miaue ich, ‚ich habe Hunger. Wie war dein Tag?‘ Mein Mensch beugt sich zu mir herunter und er krault mich zwischen den Schulterblättern. „Elmo“, meint mein Mensch, „heute kommt meine Familie. Kannst du da ganz brav sein?“ – ‚Mal sehen‘, antworte ich und streiche um die Beine meines Menschen. An der dunklen Hose fehlen meine Haare, schließlich ist das mein Mensch. Mein Mensch geht in die Küche und hebt seufzend die Schüssel mit dem Deckel auf, die ich heute Morgen heruntergeschmissen hatte, um an mein Frühstück zu kommen. Ich folge ihm und schleiche mich entschuldigend um seine Beine.

Mein Mensch setzt sich in der Küche an den Tisch und nimmt einen Hefter aus seiner Tasche. Eifrig blättert mein Mensch darin herum und macht sich Notizen. Vermutlich hat mein Mensch wieder einen Arbeitsintensiven Tag vor sich. Ich gehe ins Wohnzimmer und klettre auf den Kratzbaum.

Nach einer Weile, mein Mensch sitzt immer noch in der Küche und ließt in seinen Zetteln, stehe ich auf. Mein Mensch hat gesagt, dass heute seine Familie zu ihm kommt, da kann mein Mensch doch nicht noch sich mit den Zetteln beschäftigen. Entschlossen schleiche ich mich in die Küche, nehme Anlauf und springe mit einem eleganten Satz mitten auf den Tisch. Mein Mensch zuckt erschrocken zusammen und lässt den Stift fallen. „Elmo!“, ruft mein Mensch entsetzt, „was soll das?“ Statt einer Antwort räkele ich mich schnurrend auf dem Hefter. Mein Mensch brummt irgendetwas und versucht den Hefter unter mir hervorzuziehen. Fauchend sehe ich meinen Menschen an. „Na gut Elmo“, meint mein Mensch und sieht an die Uhr, „du hast recht. Ich möchte noch etwas vorbereiten, bevor meine Familie kommt.“ Mein Mensch streicht mir über das Fell und hebt mich vorsichtig vom Tisch herunter.

Nach einer ganzen Weile klingelt es. Mein Mensch macht die Tür auf und seine Verwandtschaft mit Kindern und den Hund kommt in die Wohnung. Schnell springe ich auf meinen Kratzbaum, da ich meine Ruhe haben möchte. Die Kinder rennen nämlich immer hinter mir her und den Hund mag ich nicht wirklich. Zum Glück gibt es gleich Essen. Da habe ich erst einmal meine Ruhe. Während sich die Menschen beim Essen unterhalten, sieht der Hund die ganze Zeit zu mir herüber. Wegen der Leine, die um das Stuhlbein geschlungen ist, kann er aber nicht zu mir.

Nach dem Essen stehen die Menschen auf und räumen den Tisch ab. Vermutlich kommen sie gleich ins Wohnzimmer, wo mein Kratzbaum steht. Ich beschließe, da der Hund angeleint ist, in Richtung Bad zu gehen, da ich nicht so viele Menschen um mich mag und es unter der Heizung immer so schön warm ist. Auf dem Weg ins Bad steht plötzlich der Hund vor mir, den einer der Menschen losgemacht haben muss. Noch bevor der Hund knurren kann, springe ich mit einem großen Satz über diesen und hechte in die Küche, vorbei an einem der Kinder, welches sehr erstaunt ist. Mit einem weiteren Satz rette ich mich auf einen der freien Stühle, während der Hund, der mir gefolgt ist, wild fiepend den Stuhl umkreist. „Elmo!“, ruft mein Mensch erschrocken aus. Einer der anderen Menschen packt den Hund und zieht ihn vom Stuhl weg, worauf der Hund mit einem lauten Jaulen sein Missfallen mitteilt. „Ich denke, ich bringe Elmo ins Schlafzimmer“, sagt mein Mensch, „dann kann Lilly sich wieder beruhigen.“ Bevor ich mich versehen kann, nimmt mein Mensch mich hoch und trägt mich an dem immer noch winselnden Hund vorbei. Ich verstehe gar nicht, was los ist, als mein Mensch mich vorsichtig auf dem weichen Teppich vor seinem Bett absetzt. Nachdem mein Mensch die Tür geschlossen hat, höre ich wie er sich entfernt. Das finde ich nicht toll, schließlich ist das auch meine Wohnung. Da mir schnell langweilig wird mache ich lautstark auf mich aufmerksam. Doch auch das scheint meinem Menschen nicht zu gefallen. Ziemlich schnell kommt mein Mensch wieder und nimmt mich erneut hoch. „Elmo so geht das nicht“, meint mein Mensch mit fast schon verzweifelter Stimme, „ich denke, du gehst jetzt ein wenig spazieren.“ Mein Mensch trägt mich aus der Wohnung, die Treppe hinunter und setzt mich vor die Tür.

Jetzt stehe ich also vor der Tür und frage mich, was ich jetzt tun kann. Rein komme ich schließlich nicht mehr. Ich bin nicht von dieser Idee begeistert. Um mir die Zeit zu vertreiben, gehe ich umher, kreuze eine Straße und laufe durch ein paar Gärten. Da es dunkel ist, ist in vielen Fenstern eine andere Beleuchtung als sonst zu sehen, also ist mein Mensch nicht der Einzige, der die Dinger auf den Fensterstock stellt. Vor einem Haus steht ein Auto und zwei Menschen bemühen sich einen künstlichen Baum auszuladen, was irgendwie nicht richtig gelingen will. In anderen Häusern sehe ich Menschen, die zusammensitzen. Einige Menschen sind auf der Straße unterwegs und haben Tüten in der Hand. Von weiter entfernt kann ich viele Stimmen und Musik hören. Ich streife weiter durch die Gärten. Als ich eine Straße überqueren will, kommt plötzlich ein Auto angedonnert. Gut, dass ich einen Sprung zur Seite machen konnte. Mir ist aufgefallen, dass manche Menschen im Dezember noch gehetzter sind als sonst, während andere viel entspannter scheinen. Ich setze meinen Spaziergang fort. In einem Haus holt ein Mensch etwas aus dem Backofen. Durch das geöffnete Fenster kann ich den leckeren Geruch des Essens riechen und mir wird bewusst, dass ich richtig hungrig bin. Bestimmt wartet mein Mensch schon auf mich. Langsam mache ich mich auf den Rückweg.

Tatsächlich sieht mein Mensch aus dem Fenster, als ich nach Hause gelaufen komme. Mein Mensch lässt mich zur Tür herein und geht mit mir die Treppen zur Wohnung hoch. In der Wohnung wartet schon ein leckeres Abendessen auf mich. Als Dank rolle ich mich neben meinem Menschen auf das Sofa und schnurre leise.

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