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Nur noch eine Stunde…

Geschrieben von am 26. Juli 2018

Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Nur noch eine Stunde…

** Blogpostreihe des Interdisziplinären Projekts Soziale Lebens- und Problemlagen 2.0 **

„Ja, endlich ist das Level geschafft! Das hat bestimmt Stunden gedauert, es ist wahrscheinlich schon dunkel draußen. Oh, es ist ja schon wieder hell, habe ich die ganze Nacht gespielt? Zum Glück bekommen das Mama und Papa eh nicht mit… die interessiert es ja doch nicht was ich mache. Heute ist auch noch Freitag, da steht die Mathearbeit an, aber wenn ich noch kurz in einer Stunde das nächste Level durchspiele, schaff ich es bestimmt noch rechtzeitig.“Marie, 15, schafft es vermutlich nicht pünktlich zur Mathearbeit und falls doch, wird sie so übermüdet sein, dass sie wahrscheinlich einschläft. So wie Marie geht es etwa 6% der Jugendlichen in Deutschland zwischen 12 und 17 Jahren, sie sind Computerspielsüchtig. Ist man von einer Spielsucht betroffen verliert man das Gefühl für Zeit und Raum und kann die Dauer des Spiels, wie in Maries Fall, oft nicht mehr einschätzen.Wie kommt es dazu, dass Jugendliche süchtig nach Computerspielen werden?Fest steht, dass es bestimmte Risikofaktoren gibt. Zum Beispiel sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen. Dabei wird in personenbezogene und umweltbezogene Faktoren unterteilt. Ein wichtiger personenbezogener Faktor ist die Persönlichkeit. So sind Jugendliche mit einer geringen Impulskontrolle häufig betroffen, da es ihnen schwerer fällt Bedürfnisse aufzuschieben. Auch oft betroffen sind Personen mit einer verminderten Empathie, einem geringen Selbstwirksamkeitserleben, dem Hang zur Prokrastination und einer geringen Stresstoleranz. Außerdem können psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen Auslöser sein, da Jugendliche dann oft versuchen sich in die Onlinewelt zu flüchten. Doch nicht nur in der Person an sich sind Risikofaktoren vorhanden, sondern auch in der Umwelt, in der sie leben. So sind zum Beispiel Jugendliche, deren Familien vom Existenzminimum bedroht sind, deutlich häufiger von einer Computerspielsucht betroffen. Weitere umweltbezogene Risikofaktoren sind familiäre Probleme, eine mangelhafte Medienerziehung, ein fehlendes beziehungsweise ungünstiges soziales Umfeld oder Mobbing.Wann wird Computer spielen zur Sucht?Computer spielen wird dann zur Sucht, wenn die Gedanken des/der Betroffenen immer wieder um das Spiel kreisen. In Gesprächen mit Familie oder Freunden, in der Schule, beim Sport. Die Konzentration auf etwas anderes fällt sehr schwer, das Spiel beschäftigt sie ununterbrochen, so wie im Beispiel von Marie. Auch das Verhalten der Jugendlichen, wenn sie nicht spielen können oder dürfen, verdeutlicht die Sucht. Nicht nur das Aufregen über das nicht spielen können, sondern besonders die daraus entstehende Langeweile zeigt, dass sie außer des Spielens nichts wissen mit sich anzufangen. Den Streit mit Eltern oder Freunden, welcher dadurch entsteht, dass sie andere wichtige Aufgaben vernachlässigen, nehmen sie in Kauf.Was kann man dagegen tun?Zu Beginn einer Therapie ist das entscheidende, dass die/der Betroffene erkennt, dass er/sie an einer Sucht erkrankt ist und Hilfe braucht. Zusammen mit einem/er Therapeut/in kann dann dagegen angegangen werden. Der Schwerpunkt der Therapie liegt auf konkreten Veränderungen von mittlerweile automatisch ablaufenden Verhaltensweisen. Es werden unter anderem alternative Freizeitbeschäftigungen und Problemlösestrategien erarbeitet und im Alltag etabliert. Auch an der sozialen Kompetenz wird in der Therapie gearbeitet. Durch diese Maßnahmen kann die Sucht im Laufe der Zeit abgebaut werden.Wo finde ich Hilfe?www.fv-medienabhaengigkeit.dewww.computerspielsucht.infowww.aktiv-gegen-mediensucht.deZum Nachdenken: Wie finde ich Hilfe, wenn mir niemand sagt, dass ich Hilfe brauche? Schau nicht weg.(Beitrag von Birgit Hucke, Tabea Rybarczyk, Michaela Renner; Foto: Ugur Akdemir – unsplash.com)

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