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Sprachtandem 2016

Geschrieben von Tina am 24. März 2016

Allgemein

Sprachtandem 2016

Sprachtandem„Hier kannst du nur ernten, was du selbst gesät hast“von: Alexandra Aberle & Katrin LaudenbachBereits im Februar 2014 (Ausgabe 25.02.14) berichtete die Nordhäuser Allgemeine über das Sprachtandem des Sprachenzentrums der Hochschule Nordhausen und des Staatlichen Studienkollegs, an dem Studierende beider Einrichtungen in ihrem ersten Semester teilnehmen.Eine dem Projekt vorangegangene Bedarfsanalyse hatte darauf aufmerksam gemacht, dass möglicherweise ein Zusammenhang zwischen dem Verhältnis ausländischer Studierender zu ihren deutschen Kommilitonen und dem Studienerfolg besteht. Die Mehrheit der befragten Studierenden am Studienkolleg hatte sich mehr Interaktion mit den Deutschen gewünscht, jedoch waren direkte Kontaktaufnahmen und Zugang an der Furcht gescheitert, beim Fehlschlagen des Kontaktherstellens in eine unangenehme Situation zu geraten.Um ein interkulturelles Aufeinandertreffen in einem gemeinsamen sprachlichen Rahmen zu gewährleisten und kulturell geprägte Barrieren abzubauen, wurde das Sprachtandem im Wintersemester 2015/2016 mit Studierenden der Internationalen Betriebswirtschaftslehre (IBW) und Gesundheit und Soziales (GUS) an der Hochschule und Lernenden aus den Bereichen Wirtschaft und Technik (W- und T-Kurs) am Studienkolleg mit Unterstützung von Katrin Laudenbach und Alexandra Aberle fortgesetzt. Sowohl für die deutschen als auch die internationalen Interaktionspartner aus China, Russland, der Ukraine, Indonesien und Vietnam nahm das Projekt einen hohen Stellenwert ein.„Dank des Projekts des Studienkollegs Nordhausen, bei dem die deutschen Studierenden sich mit den ausländischen Studierenden im Studienkolleg treffen, konnte ich zum ersten Mal in Beziehung zu den Deutschen treten. Es war für mich eine sehr schöne Erfahrung, mit der ich nicht nur neue Freundinnen finden konnte, sondern auch mehr von den Deutschen verstehen konnte. ….Das Treffen mit meinen deutschen Partnern war ganz kurz aber toll. Dank meiner Partnerin habe ich ein klareres Bild von einem Studium in Deutschland. Das war sehr hilfreich für mich.“ (Nguyen, Thi Yen Xuan, weiblich, Vietnam)„Ich freue mich darüber, dass ich an diesem Projekt teilnehmen konnte und hoffe, dass dieses Projekt jedes Jahr auch für andere Kurse stattfindet, damit alle Studenten des Studienkollegs die Chance haben, Kontakte zu knüpfen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und sich besser auf ihr zukünftiges Studium vorbereiten zu können.“ (Tran, Thi Que Nhi, weiblich, Vietnam)     Erstmalig standen bei der Durchführung der Treffen nicht nur die Förderung interkultureller Kompetenzen, die sogenannten „social skills“, im Vordergrund, sondern studienspezifische Anforderungen und Inhalte, über die sich die Teilnehmenden austauschten.„.. wir haben über Hausarbeiten und Klausuren am Studienkolleg und an der Hochschule gesprochen und wir haben viele Unterschiede gefunden. Nicht wie am Studienkolleg schreiben die Studierenden an der Hochschule nur eine Klausur in jedem Fach pro Semester. Das bedeutet, dass sie keine Chance haben, die Note zu verbessern.“ (Tran, Thi Que Nhi, weiblich, Vietnam) „Am Studienkolleg müssen die Studenten mindestens zwei Klausuren in einem Fach pro Semester schreiben, aber an der Hochschule müssen die Studierenden nur eine Klausur in einem Fach pro Semester schreiben. Ich denke, dass es schwieriger für die Studierenden ist, weil sie ihre Note nicht verbessern können. Es kann aber auch von Vorteil sein, dass die Studierenden während des Semesters nicht so viel Stress haben.“ (Nguyen, Thuy Doan, weiblich, Vietnam) „…Außer ihrer Muttersprache Deutsch beherrscht sie [die Tandempartnerin] noch perfekt Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Arabisch. Das finde ich ausgezeichnet und deshalb ist sie ein Vorbild für mich. […] Wir haben darüber geredet, wie sie ihr Studium organisiert. Das deutsche Studiensystem und die deutsche Methode zu Studieren sind im Gegensatz zum chinesischen ganz anders. In Deutschland liegt es in der eigenen Hand, alles zu erledigen, in einem fremden Land zurechtzukommen sowie Vorlesungen und Seminare zu besuchen. Hier kannst du nur ernten, was du selbst gesät hast. […] In Deutschland zu leben und zu lernen ist eine große Verantwortung für mich selbst. Ich habe zwar ein Jahr in Deutschland gelebt [vor dem Besuch des Studienkollegs], aber mit dem Studium ist das anders. Hier lerne ich richtig Deutsch und Deutschland kennen.“ (Wang, Lianying, weiblich, China) „ … Ich sagte ihr [der Tandempartnerin], dass ich es sehr schwierig finde, eine Hausarbeit auf Deutsch zu schreiben und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Sie gab mir sehr viele Tipps für mein Thema und meine Quellensammlung. … Sie empfahl mir, dass ich die Bücher auch in der Stadtbibliothek suchen kann. Am wichtigsten ist, dass ich meine Zeit für das Schreiben kontrollieren muss, um meine Hausarbeit pünktlich abzugeben.“ (Nguyen, Thi Thuy Huong, weiblich, Vietnam)Als Teil des Sprachtandems begleiteten die international Studierenden ihre deutschen Sprachpartner zu diversen Vorlesungen in den Bereichen Betriebswirtschaft und Propädeutik, an denen sie mit großem Interesse teilnahmen.“Ich heiße Ksenia und komme aus Russland. In diesem Jahr absolvierte ich die Schule in Russland mit 1,0 und dachte, dass ich für das Studium in Deutschland bereit bin. Ich bin hier in Deutschland seit vier Monaten und ich verstand, dass ich mich irrte. Uns wurde in diesem Semester ein interessantes Projekt angeboten. Wir mussten uns mit echten deutschen Studenten beschäftigen, zusammen Vorlesungen besuchen und sich mit der Organisation des realen deutschen Studiums vertraut machen. … Ich bat meinen Partner und seine Freunde mir ihre Mitschriften zu zeigen. Das war für mich gleichzeitig erstaunlich und unglaublich. Die Studenten hatten die Vorlesung schon zu Beginn digital und konnten sich so auf den Vortrag des Professors konzentrieren, ohne das ganze Thema mit der Hand abzuschreiben. … Diese Erfahrung war mir sehr wichtig, alles war neu für mich. Ich weiß jetzt ganz viel über das Studiensystem und wie verschieden die Professoren sind. Das habe ich alles vorher nicht gewusst. “Besonders interessant empfanden die internationalen Studierenden die Atmosphäre während der besuchten Vorlesungen, deren Anforderungen unterschiedlich wahrgenommen wurden. Jedoch waren alle ausländischen Studierenden positiv überrascht, wenn Definitionen und Zusammenhänge aufgrund des deutschsprachigen Fachunterrichts am Studienkolleg verstanden wurden. Somit konnten sie den Wortschatz verstehen und sich auf den Inhalt der Vorlesungen konzentrieren. „Am Anfang fand ich das Thema [der Vorlesung] nicht so schwierig, weil ich es früher schon gelernt hatte. … Sie [die Tandempartnerin] machte sehr schöne Mitschriften. Sie schreibt alles in ihr Heft und markiert die wichtigsten Punkte mit einem Bleistift.“ (Tiapina, Elizaveta, Russland)   „Die Vorlesung war für mich nicht so schwierig, weil der Professor alles sehr klar und deutlich erzählt hat und für die Erklärung die Tafel und verschiedenen Folien mit Grafiken und Zeichnungen benutzt hat.“ (Omelianchuk, Olha, Ukraine) „…[während der Vorlesung] Es ging dann besser, als er mit dem neuen Kapitel begann, weil es viele Begriffe gab, die ich schon gelernt habe. Die gelernten Begriffe wie Anlagevermögen, Umlaufvermögen usw. haben mich aufgeweckt und mir viel geholfen, das neue Kapitel zu verstehen. Endlich konnte ich der Vorlesung besser folgen.“ (Tran, Thi Que Nhi, weiblich, Vietnam) In fast allen Beschreibungen der internationalen Studierenden war der Besuch der Vorlesung ein Schlüsselmoment, in dem das zukünftige Studium in Deutschland, mit seinen Herausforderungen und Chancen greifbar wurde. Kritisch reflektierten die ausländischen Studierenden ihre eigene Lerneinstellung und sie realisierten die bevorstehende Selbstverantwortung an einer Hochschule.„Am Anfang habe ich versucht, mich auf die Vorlesung zu konzentrieren, und alles was der Professor sagte zu verstehen. Ich habe einige Fachwörter gehört, die ich schon gelernt habe. Es gab aber auch viele neue Wörter, deswegen konnte ich leider nicht alles gut verstehen. Außerdem hat der Professor alles schnell erklärt, sodass ich mich nicht mehr konzentrieren konnte. … In diesem Moment habe ich verstanden, dass ich meine Deutschkenntnisse verbessern muss, um mein Studium in der Zukunft abschließen zu können.“ (Nguyen, Thuy Doan, weiblich, Vietnam) „Die Vorlesungen haben mir gezeigt, dass ich an der Universität oder Fachhochschule später viel arbeiten muss, um gute Noten zu bekommen und einen guten Abschluss zu erhalten und einen guten Arbeitsplatz zu finden.“ (Laila, weiblich, Deutschland/Jordanien) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass alle Beteiligten das Projekt sowohl in fachlicher als auch kultureller Hinsicht als sehr große Bereicherung empfanden und auf eine Fortsetzung hoffen. Den Lernenden des Studienkollegs gelang es, ihre Hemmschwellen abzubauen und sich auf „leichte“ und lebhafte Art und Weise mit den Studierenden der Hochschule auszutauschen. Da viele Studierende aus dem Ausland bislang keine Vorlesung der Hochschule Nordhausen besucht hatten, konnte erstmalig ihr Interesse an einem Studium vor Ort geweckt werden.Die Teilnahme schärfte darüber hinaus das Bewusstsein, dass die Anforderungen, die mit dem Erwerb von Deutsch als Fremd-/bzw. Zweitsprache und eigenverantwortlichem Lernen an einer deutschen Hochschule verbunden sind, deutlich höher ausfallen können, als beispielsweise im jeweiligen Heimatland.Durch eine modifizierte Weiterführung des Projekts mit den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurswesen und Gesundheit und Soziales könnte die begonnene Arbeit erfolgreich fortgesetzt und ausländischen Studierenden eine Zukunftsperspektive am Standort Nordhausen eröffnet werden.

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