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Jungforscherinnen der Zukunft – Pflanzenheilkunde statt Chemisch-synthetische Antibiotika

Geschrieben von Melano Dadalauri am 29. März 2019

Allgemein, Events

Jungforscherinnen der Zukunft – Pflanzenheilkunde statt Chemisch-synthetische Antibiotika

Am 26. Februar präsentierten junge Forscher aus Nordthüringen im Audimax der Hochschule Nordhausen ihre Wettbewerbsbeiträge zum Regionalwettbewerb “JUGEND FORSCHT”.

Celina Gries, Leonie Sterzl, Fachgebiet: Biologie, Regionalwettbewerb “JUGEND FORSCHT“ Nordthüringen (Foto: Melano Dadalauri)

Jugend forscht ist ein bundesweiter Nachwuchswettbewerb, der sich an Schüler*innen und Studierende, die Spaß am Forschen, Experimentieren und Erfinden haben, richtet. Dabei zählt Kreativität und Innovation die Themen reichen von der Verschließtechnik von Handtaschen und Rucksäcken über den Einfluss einer gesunden Ernährung auf die Schulnoten bis zur Entstehung der Solarstrahlung im interstellaren Raum. 

Mit spannenden Projekten aus den Fachgebieten Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik beeindruckten junge Nordthüringer Nachwuchsforscher am Vormittag die Juroren. Die Jury bestand aus Professoren, Studierenden und Mitarbeitern der HSN, Fachlehrern sowie Praktikern aus regionalen Unternehmen.

Die Sieger wurden in den verschiedenen Wettbewerbsgruppen und Sonderpreis-Kategorien im Hörsaal 3 der HSN ausgezeichnet. Regionalsieger, die den 1. Preis bekommen haben, sind automatisch für den Landeswettbewerb qualifiziert, der am 28.03. und 29.03.2019 in Jena stattgefunden hat.

Im Fachgebiet Biologie wurden zwei Projekte ausgezeichnet: Eins davon ist ein Projekt über „Pflanzliche Wirkstoffe mit antibakteriellen Eigenschaften – Eine Alternative zu chemisch-synthetischen Antibiotika?“ von Leonie Sterzl, Celina Gries vom Gymnasium „Friedrich Schiller“ Bleicherode.

Chemisch-synthetische Antibiotika gelten seit der Entdeckung des Penicillins im Jahre 1928 als große Errungenschaft in der Medizingeschichte. Sie gehören zu den meistverordneten Medikamenten und sind keinesfalls aus der Medizin wegzudenken. Dennoch ist heutzutage bekannt, dass ein leichtfertiger und wiederholter Gebrauch Gefahren mit sich bringt, da gefährliche Krankheitserreger vermehrt resistent werden. Man spricht von einer „Resistenzkatastrophe von globalem Format“. Daher ist die Erforschung von Alternativen unumgänglich.

Nach intensiveren Recherchen über die Pflanzenheilkunde stießen die beiden Jungforscherinnen auf die immer bedeutender werdende Problematik der Resistenzentwicklung bei der Verwendung von Antibiotika. Renommierte Medien nahmen sich der Problematik an und berichten regelmäßig darüber. Es bedarf also möglichst nebenwirkungsarmer Alternativen. Die WHO befürchtet, dass bis zum Jahr 2040 die allermeisten gängigen Standard-Antibiotika ihre Wirksamkeit verloren haben könnten. Ihnen wurde bewusst: Hier könnten wir uns näher mit nebenwirkungsarmen Alternativen wie z. B. antibiotisch wirkenden, pflanzlichen Heilmitteln beschäftigen. Dabei sind die beiden der Frage nachgegangen, ob sie ähnliche Behandlungserfolge wie chemisch-synthetische Antibiotika erzielen, bzw. ob sie die Fähigkeit besitzen, die Antibiotikaeinnahme positiv zu beeinflussen oder in der Krankheitsprävention gute Ergebnisse erreichen können.

Durch experimentelle Laborversuche wollten Leonie Sterzl und Celina Gries herauszufinden, inwiefern ausgewählte Pflanzen antibiotische Eigenschaften aufweisen und ob sie in ihrer Wirkungsweise mit chemisch-synthetischen Mitteln vergleichbar sind. 

Chemisch-synthetische Antibiotika sind in der Medizin unentbehrlich, da deren Wirkungsweise unumstritten ist. Vielmehr ist der bewusste reflektierte Umgang damit erforderlich. Es wäre wünschenswert, wenn sie interessierten Menschen eine Option bieten können, sich über mögliche Alternativen bewusst zu werden.

Liebe Leonie, liebe Celina, warum und wann haben Sie entschieden, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Leonie: Wir entschieden uns anlässlich unserer Seminarfacharbeit für dieses Thema. Die Themenwahl fiel schon im August 2017. Unsere Wahl wurde ebenfalls von den Medien beeinflusst, die sich zu dieser Zeit schon intensiv mit der Antibiotika-Krise und möglichen Alternativen auseinandersetzten.

Celina: Dass wir uns mit einem medizinischem beziehungsweise biologischem Thema beschäftigen möchten, stand von Beginn an fest. Es war uns wichtig, mit unserer Arbeit ebenso einen gesellschaftlichen Aspekt abzudecken und einen Beitrag zu einem aktuellen Problem leisten zu können. Durch einen Vortrag über Naturheilkunde, initiiert von der Charité Berlin, wurden wir über das Potenzial von Heilpflanzen aufmerksam gemacht. Wir setzen uns also das Ziel, deren Wirkungsweise selbst experimentell zu erforschen.

Liebe Celina, Antibiotika versprechen meist eine gute Wirksamkeit und eine schnelle Hilfe, doch sie haben auch ihre Nachteile. Sie bekämpfen nicht nur schädliche Bakterien, sondern auch nützliche. Dies kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen, beispielsweise Magenproblemen oder allergischen Reaktionen. Werden Antibiotika länger eingenommen, kann dies zur Schädigung der Darmflora führen. Zudem ist es möglich, dass das Immunsystem geschwächt wird. Eine Alternative zu den vom Arzt verschriebenen synthetischen Antibiotika bilden die pflanzlichen Antibiotika. Sie haben sich mit den pflanzlichen Wirkstoffen mit antibakteriellen Eigenschaften beschäftigt. Diese wirken auf eine natürliche Weise. Könnten Sie bitte unseren Lesern erklären, wie die pflanzlichen Antibiotika im Vergleich zu chemisch-synthetischen Antibiotika wirken? Welche Vorteile haben pflanzliche Antibiotika?

Celina: Chemisch-synthetische Antibiotika wirken auf zwei verschiedene Arten: bakterizid oder bakteriostatisch. So tragen sie dazu bei, dass die Zellwand instabil wird und die Bakterienzelle durch den Wassereinstrom platzt oder sich das Bakterium nicht weiter vermehren kann. Auch Pflanzen enthalten eine Vielzahl antibiotisch wirkender Inhaltsstoffe, dazu zählen beispielsweise ätherische Öle, Saponine, Senföle oder Flavonoide. Diese Wirkstoffe zeigen einen ähnlichen Effekt wie konventionelle Antibiotika, denn sie sind ebenfalls in der Lage, die Zellwand zu instabilisieren und sie aufzuweichen. Das Bakterium ist den pflanzlichen Inhaltsstoffen nun schutzlos ausgesetzt. In der Heilpflanze vereinen sich nun die Eigenschaften der Wirkstoffe und die Pflanze wird zu einem Vielstoffgemisch.

Hervorzuheben ist, dass Krankheitserreger im Gegensatz zu chemisch-synthetischen Antibiotika gegenüber pflanzlichen Wirkstoffen keine Resistenzen entwickeln können, da sie auf verschiedene Art und Weise das Bakterium angreifen. Weiterhin sind bei Phythopharmaka kaum bzw. sehr wenige Nebenwirkungen bekannt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Antibiotika schädigen sie die lebensnotwendige Darmflora nicht, da sie bereits im oberen Darmabschnitt resorbiert werden. Zu den antibiotischen Eigenschaften besitzen die Pflanzenextrakte weitere positive Fähigkeiten: Sie wirken entzündungshemmend, antiviral und fördern die Selbstheilungskräfte unseres Körpers und stärken das Immunsystem.   

Liebe Leonie, wo fanden die Laborversuche statt? Welche Pflanzen haben Sie untersucht und welche Ergebnisse haben Sie bekommen?

Leonie: Unsere Experimente führten wir in den Laboren der Hochschule Nordhausen durch. Unterstützt wurden wir dabei von Frau Schiffner und von Frau Wagner. Wir suchten Pflanzen aus, denen eine besonders starke antibiotische Wirkung zugesagt wird. Unsere Wahl fiel letztendlich auf Ingwer, Curcuma, Knoblauch, Zwiebel, Salbei und Thymian. Die Ergebnisse der Pflanzen verglichen wir mit denen von chemisch-synthetischen Antibiotika, Tetracyclin und Ampicillin.

Die Ergebnisse haben uns wirklich überrascht. Wir hatten besonders große Hoffnungen in den Ingwer und Curcuma gesetzt. Die besten Ergebnisse lieferte jedoch der Thymian mit einer 40%igen Hemmung bei den E. coli-Bakterien. Danach folgt Curcuma mit einer 22%igen Hemmung.

Bei dem Bacillus subtiles Versuchsreihen hob sich der Thymian und auch der Salbei mit einer 36%igen Hemmung hervor.

Bei unserer letzten Versuchsreihe mit unverdünnten E. coli-Bakterien bildeten sich bei fast allen Argarplatten mit pflanzlichen Inhaltsstoffen ein Bakterienrasen. Nur der Thymian und der Ingwer zeigten eine Hemmung des Wachstums der Bakterien.

Die Untersuchungen zeigten also, dass Pflanzen eine ähnliche bakterienhemmende Wirkung aufweisen wie chemisch-synthetische Antibiotika und durchaus eine Alternative bei der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen bilden.  

Liebe Leonie, liebe Celina, was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Leonie: Ich spiele aktiv im Handballverein in Bleicherode und bin freiwilliges Mitglied in der Sportjugend Nordhausen. Aufgrund der Arbeit an unserer Seminarfacharbeit hat sich eine neue Freizeitbeschäftigung in Form der Pflege eines eigenen Kräutergartens entwickelt.

Celina: Sofern es die Zeit erlaubt, liebe ich es zu reisen und neue Orte und Kulturen kennenzulernen. Weiterhin lese ich gern und beschäftige mich mit Themen wie Mode, Ernährung und in diesem Zusammenhang auch mit Naturmedizin. Weiterhin macht mir die Förderung jüngerer Schüler im mathematischen Bereich Spaß.

Die Hochschule Nordhausen wünscht Leonie Sterzl und Celina Gries viel Erfolg für ihren zukünftigen Werdegang.

Autor: Melano Dadalauri, Antonia Pförtner

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